Der Bocklradweg-Georadtour - erste Etappe
von Neustadt nach Floß





Gneis, leicht verfaltet zwischen Neustadt und Floß


Blick auf die Kirche von Sörnstein von Westen

Ein Urgebirge aus Gneis - 3 km


Neustadt an der Waldnaab ist der Ausgangspunkt des Bocklradwegs. Wir befinden uns am Startpunkt in der geologischen Einheit der Zone Erbendorf-Vohenstrauß (ZEV, auch "Neustädter Scholle" genannt) mitten in einem typischen Gneisgebiet. Dieses Gestein "Gneis" wird uns auf der gesamten Wegstrecke immer wieder begegnen. Es sind 350-500 Millionen Jahre alte Sedimente, die -in große Tiefe gelangt- durch hohe Temperaturen und unter hohem Druck umgewandelt (=Metamorphose) und manchmal sogar aufgeschmolzen wurden. Diese Paragneise bilden den Gesteinsrahmen, in dem die jüngeren Gesteine Granite, Aplite, Quarzgänge und Pegmatite eingedrungen sind. Eingelagert und von der Metamorphose mit ergriffen sind in den Paragneisen Vorkommen von Kalksilikat (aus kalkreichen Ablagerungen entstanden) und aber ursprünglich magmatischer Herkunft, die Orthogneise, Serpentinite und Amphibolite, die wir später noch sehen werden. Doch bleiben wir zunächst beim Paragneis. Er zeigt eine manchmal stark verfaltete parallel-lagige Struktur und hält der Verwitterung weitaus nicht so gut Stand wie etwa Quarz oder Granit. Der Gneis ist deswegen auch nur sehr bedingt als Baumaterial oder Schotter zu gebrauchen und das erklärt auch, warum wir auf unserer gesamten Strecke auch keinen Steinbruch in diesem Gestein antreffen werden. Malerisch und für den Radfahrer angenehm ist der Umstand, dass dieser Gneis gerne sanfte Hügel und Täler bildet.

Welche mächtigen Kräfte dieses ehemalige Sedimentgestein durchbewegt haben, kann man erahnen, wenn man sieht (gerade kurz vor Störnstein) dass die ursprünglich horizontale Schichtung der Ablagerungen sehr steil, ja sogar fast senkrecht steht.

Granit-Felsgruppe bei Störnstein (gegenüber Ortsmitte)

Granit: Quarz, Feldspat und Glimmer ... 3,3 km


Gneis ist vielgestaltig und hier feinkörnig ausgebildet
Mittelkörniger Granit mit dunklem Glimmer

Nach gut zwei Kilometer wechselt der Untergrund und wir kommen in das Störnsteiner Granitgebiet. Landschaftlich macht sich das in deretwas rauherer, stärker geklüfteten und abwechslungsreicheren Oberfläche bemerkbar. Am Wegrand sehen wir schon häufiger mal größere "Findlinge" aus Granit liegen. Dieser Granit zeigt im Gegensatz zum Gneis seine Bestandteile schon mit dem bloßen Auge: Helle längliche cm-große Feldspatkristalle, dazwischen grauer, glasig bis speckig glänzender Quarz und heller oder dunkler Glimmer bilden die Hauptbestandteile.

Schwarzer Turmalin im Granit bei Störnstein


Grobkörniger Porphyrgranit bei Störnstein

Selten, aber doch aufzufinden, durchsprießen stengelige schwarze Turmalinkristalle den Granit. Bei Störnstein, besonders gut sichtbar direkt am Radweg und im Geotop "Gipfel des Gügel" südlich von Störnstein (ehemaliger Steinbruch, siehe Geotopkataster), türmen sich die Granitfelsen imposant auf.

Zum Sörnsteiner Granit gibt es eine kleine architektonische Besonderheit. Im frischen Bruch ist der mittelkörnige Granit schön hellgrau bis leicht bläulich gefärbt und bestens zu bearbeiten. Wegen dieser ausgezeichneten Qualität wurden im Jahre 1885 für den Neubau des Reichstagsgebäudes in Berlin genau hier einige große Blöcke gebrochen, zu Säulen behauen und mit großem Aufwand nach Berlin transportiert.

Der Granit von Störnstein setzt sich praktisch ohne Unterbrechung weit nach Süden bis etwa Leuchtenberg fort. Von etwa Floß an bis kurz vor Vohenstrauß werden wir uns auf der Grenze zwischen diesem Granit und Gneis bewegen und diese geologische Gegebenheit wird uns einige interessante Erkentnisse bescheren.

Graubrauner, feinkörniger Metagranit bei Störnstein

Dieser Aufschluss in Störnstein verdeutlicht uns, dass der Granit keineswegs eine einheitlich homogene durchgehende Masse bildet. Vielmehr liegen einzelne Quader durch Bankung (horizontal) und Klüftung (vertikal) getrennt aufeinander. Auch sehen wir fein-, mittel- und grobkörnigen Granit und -allerdings nur an seiner schwachen Schieferung schwer zu erkennen- Metagranit (metamorph überprägter Granit). Die Ursachen für die Strukturierung des Gesteinsverbandes liegen in der Druckentlastung und Schrumpfung bei der Entstehung. Der Granit drang vor ca. 275 Millionen Jahren in mehreren Kilometern Tiefe in das Gneisdach ein und erstarrte langsam.

Der Doost bei Dipoldsreuth

Von Wollsäcken und Butterfässern 4,4 km


In die Klüfte und Spalten des Granits kann natürlich Wasser eindringen und nun oberflächennah den Granit angreifen und verwittern ("vergrusen"). Besonders anfällig für diese Verwitterung sind die Ecken der großen Quader (Erosion von drei Seiten) und die Kanten (Eosion von zwei Seiten) was dazu führt, dass, ähnlich wie bei schmelzenden Eiswürfeln, bevorzugt rundliche Formen (man sagt dazu auch "Wollsäcke") entstehen. Ein Musterbeispiel für diese Wollsack-Granitverwitterung ist mit einem kleinen Abstecher vom Bocklradweg zu bestaunen: Der Doost (Geotopbeschreibung: VFMG-Weiden.de und Geotopkataster) zeigt uns, dass auch der scheinbar so harte Granit auf Dauer der Verwitterung nicht Stand halten kann. Hier hat ein kleines Bächlein, die Girnitz den Verwitterungs-Sand zwischen den Böcken fortgeführt, so dass die riesenhaften rundlichen Granitblöcke wie aufeinandergewürfelt im Talgrund liegen. Ein Strudelloch hat einem Felsen hier den Namen "Teufels Butterfaß" eingetragen 

Quarzblock bei Gailertsreuth


Quarzkristall von der Mohrensteinmühle

Weißes Gestein mit glitzernden Kristallen 5,6 km


Wieder auf dem Radweg zurück und weiter in der Gegend um Gailertsreuth fallen immer mehr helle, ja fast weiße Steine auf den Äckern und am Wegrand auf. Es handelt sich um Quarz der hier in mehr oder weniger mächtigen Gängchen und Gängen den Gneis und Granit durchschneidet.

Nahe der Mohrensteinmühle konnten Mineraliensammler sogar wunderschöne Quarzkristalle aus einem solchen Gang bergen; natürlich eine Seltenheit, die uns aber zeigt, dass es sich durchaus lohnen kann hier genauer hinzusehen.

Vielfach in der nordöstlichen Oberpfalz, so auch hier und auf unseren weiteren Wegstecke hat man den sehr witterungsbeständigen, harten und zähen Quarz zunächst für den Wegebau und später dort, wo er besonders rein auftritt, als geschätzten Rohstoff für die Glasherstellung in kleinen und kleinsten Brüchen und Gruben hereingewonnen. Heute sind diese alten Abbaue verlassen und oft nur noch als kleine Mulden in der Landschaft zu erkennen.

Große Feldspatkristalle im Granit zwischen Gailertsreuth und Floß


Schwarzgrünes Serpentinitgestein



Blick über Floß nach Flossenbürg

Gesteinsvielfalt an einem Ort 8,7 km



Weiter dem Bocklradweg folgend verlassen wir kurz vor Floß das Granitgebiet und finden wieder Gneis im Untergrund. Bei genauer Betrachtung erscheint dieser Gneis häufig kaum oder wenig geschiefert, oft auch dunkler und keineswegs so, wie wir das vom Ausgangspunkt unserer Fahrt her kennen. Es sind nämlich (oft) keine Para-, sondern Orthogneise. Und dieses Gestein (auch als Metabasit bezeichnet) entstand zwar ähnlich wie die Paragneise durch Regionalmetamorphose, also durch großen Druck und Temperatur in großer Tiefe, jedoch nicht aus Ablagerungs- sondern aus magmatischen Gesteinen. Die Metamorphose hat also nicht nur die Sedimente, sondern auch damals vorhandenes magmatisches und plutonisches Gestein ergriffen, im Mineralbestand verändert und durchbewegt. Es ist selbst für den Fachmann nicht leicht diese Gesteine ihrer Abstammung entsprechend sicher anzusprechen, eine Faustregel besagt jedoch, je dunkler das Gestein ist, umso wahrscheinlicher ist seine magmatische Abstammung (man denke an den schwarzen Basalt mit seiner magmatischen Entstehung und an den hellen Kalkstein oder Sandstein als Ablagerungsgestein). Wenn man hier von einem Lesesteinhaufen drei Steine aufhebt kommt es oft vor, dass man drei gänzlich verschiedene Gesteine in der Hand hält.

Kurz vor unserem ersten Etappenziel richten wir den Blick nach Osten und sehen die Granitkuppe von Flossenbürg (Geotopbeschreibung: VFMG-Weiden.de). Im Ortsbereich (unter der St. Nikolaus-Kirche) tritt ein seltenes, graugrünes Gestein auf: Serpentinit. Dieses ursprünlich dem Basalt ähnliche Gestein wurde durch die Metamorphose stark verändert und wir werden es in der nächsten Etappe studieren können.  
Übersicht
I. Etappe
II. Etappe
III. Etappe
Literatur
VFMG-Weiden
Impressum
Texte und Fotos:
(c) by Berthold Weber